Gewinn für Volkswirtschaft

Die Verbindung von Verkehrsentwicklung und Wirtschaftsentwicklung hat eine lange Tradition. Besonders die Industrialisierung und das Einsetzen einer kapitalistischen Produktionsweise führten zu einer wachsenden Arbeitsteilung und einer damit verbundenen räumlichen Ausdifferenzierung. Die daraus resultierenden räumlichen Distanzen – z. B. zwischen Produzenten und Kunden oder auch innerhalb der einzelnen Schritte einer Wertschöpfungskette – müssen durch Wirtschaftsverkehr überwunden werden (1). Aber auch für die gesellschaftlicheTeilhabe, mit Strecken vom Wohnort zum Arbeitsplatz, zum Einkauf, Kinobesuch oder zu Freunden, bedarf es eines effizienten Verkehrssystems. Die Begriffe Verkehr und Mobilität müssen differenziert betrachtet werden. Während Mobilität die Möglichkeit zur potenziellen Ortsveränderung beschreibt, ist Verkehr die tatsächlich durchgeführte Mobilität (2). Verkehr ist somit neben Wohnen, Arbeiten und Erholung eine der vier städtischen Grundfunktionen und muss als räumlicher Integrationsmechanismus gesellschaftlicher Differenzierung begriffen werden.

„Heute nach 150 Jahren stetig fortschreitender Arbeitsteilung und Differenzierung von Wirtschaft und Gesellschaft, gilt um so mehr, dass ein effektiv funktionierendes Verkehrssystem zentrale Voraussetzung moderner Wirtschafts- und Sozialformen ist. (3)“

Ein effizientes Verkehrssystem, welches den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen ebenso wie einer arbeitsteiligen Wirtschaftsweise gerechnet wird, ist also Grundvoraussetzung für das reibungslose Funktionieren einer Volkswirtschaft. In den letzten Jahrzehnten ließ sich ein hohes Wachstum in der Verkehrsleistung, sowohl im Personen- als auch Wirtschaftsverkehr, beobachten. Das dahinter liegende Paradigma – schneller, weiter, mehr – ist aber nicht nur produktiv für die wirtschaftliche Entwicklung, sondern äußert sich auch destruktiv. Negative Folgekosten der Überindustrialisierung des Verkehrs (siehe „Gesund für Mensch und Umwelt“) werden in einer wirtschaftlichen Berechnung nicht internalisiert, sondern auf unsere Gesellschaft bzw. andere Gesellschaften ausgelagert (siehe Grafik unten).

Dabei ist besonders in Städten, in denen ein Großteil der Wege kurz ist – die mittlere Wegelänge in Berlin liegt bei 6,0 km (4) –, das Fahrrad das bessere und effizientere Verkehrsmittel, bei dem jeder mit dem Rad statt mit dem Auto zurückgelegte Kilometer sowohl den Nutzern als auch der Gesellschaft Geld spart. Das Fahrrad benötigt weniger Infrastruktur als der motorisierte Individualverkehr, ist energie- und flächeneffizient und kann somit die gleiche Anzahl an Personen über eine gegebene Strecke schneller, kostengünstiger und flächensparender transportieren (5). Bedenkt man zudem die niedrigeren Investitionskosten für Radverkehrsanlagen, so könnten eine konsequente Radverkehrspolitik und eine qualitativ hochwertige Infrastruktur enorme Umlagerungs- und Einsparpotenziale abrufen.

„Das Fahrrad hat die menschliche Mobilität auf ein Niveau gehoben, bei dem eine Steigerung theoretisch nicht mehr möglich ist. (…) Sie [Radfahrer] haben Macht über ihre eigene Bewegung, ohne die ihrer Mitmenschen zu blockieren. (5)“

Interne Kosten

Kosten, die von den Verursachenden der Verkehrsaktivität getragen werden.

Soziale Kosten

Summe aus internenund externen Kosten.

Externe Kosten

Kosten, für die nicht die Verursachenden der Verkehrsaktivität aufkommen.

(1) Link, H. (2011): Verkehr und Wirtschaft. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrs. In: Schwedes, O.: Verkehrspolitik. Eine interdisziplinäre Einführung. Springer, Wiesbaden. S. 91-114.
(2) Ahrend, C. et al. (2013): Kleiner Begriffskanon der Mobilitätsforschung. IVP-Discussion Paper. Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung. Technische Universität Berlin, Berlin.
(3) Rammler, S. (2001): Mobilität in der Moderne. edition sigma, Berlin. S. 8.
(4) Ahrens, G.-A. (2013): Tabellenbericht zum Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV 2013“ Berlin. TU Dresden. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/verkehr/politik_planung/zahlen_fakten/
download/SrV_2013 _Berlin_Tabellen.pdf
(5) Illich, I. (1974): Energy and Equity. Harper & Row, New York et al.